Allgemeine Fragen zum möglichst realistischen Streckenbau

  • Hallo zusammen,


    immer mal wieder bastel ich an meiner Karte (1000mm Netz) und merke natürlich wie das Wissen das man sich hier und da zusammensammelt immer größer wird, weswegen man alte Abschnitte anfängt nochmal zu überarbeiten usw.

    Dennoch konnte ich nicht jedes Thema bisher für mich abschließend sicher beantworten.


    Ich hätte hier ein paar Punkte um deren Beantwortung ich mich freuen würde, wenn sich dort einer gut auskennt.


    1. Gleismittenabstand


    Vom Prinzip her arbeite ich mit 3m Gleismittenabstand auf meiner Karte. Nun ist mir aufgefallen, dass es bei einem Abschnitt wo dort Mittelmasten verbaut sind es durchaus eng wird. 2,4m Bahnen passen am Mast vorbei, es ist aber eng. Gilt so etwas der Grundsatz "Wenn's dran vorbei passt is ok" oder werden/muss(?) auf solchen Abschnitten die Abstände eher aufgeweitet und wenn ja wie viel?


    Ebenso dies betreffend ist mir aufgefallen, dass an Haltestellen oft die Gleise weiter auseinander gelegt werden. U.a verbunden mit einer Annäherung an den Bahnsteig. Gibt es Regelungen zu Mindestgleisabständen im Haltestellenbereich?



    2. Übergangsbögen


    Hier im Forum habe ich mal den Satz, dass Übergangsbögen kleiner 10m verboten wären, aufgeschnappt. Ist dies so der Fall und wenn ja beziehen sich die 10m dann pro Gleissegement?

    Für eine S Kurve braucht es 4 Gleisabschnitte wenn man sich das mit dem Rechner in LOTUS durchrechnet. Nach meinem Verständnis bräuchte man also mindestens 40m um die Gleisverwerfung mit Übergangsbogen umzusetzen.


    Weiter die Frage, ob bei engeren Kurven dann ganz normal mit einem durchgehenden Radius gearbeitet wird?

    Und im anderen Fall wird ab einem bestimmten Radius bei sehr weiten Kurven auf einen Übergangsbogen verzichtet?



    3. Oberleitung


    In welchem Abstand müssen bei einfacher Oberleitung die Masten stehen? Der Oberleitungsspline hat eine Angabe von 12 . Bedeutet dies, dass alle 12m ein Fixpunkt bei einfacher Fahrleitung vorhanden sein muss oder kann dieser auch etwas weiter entfernt sein?


    Gibt es Regelungen zum Abspannen von Fahrdraht mit Gewichten vs. einfaches Montieren an einem Fixpunkt?

    In welchem Abstand wird in der Regel bei Straßenbahnen abgespannt?



    4. Geschwindigkeiten


    Von der großen Eisenbahn ist man es gewohnt, dass fast jede Geschwindigkeit irgendwie signalisiert oder im Fahrplan dargestellt wird. Bei Straßenbahnen ist dies weniger der Fall für meinen Eindruck. Gibt es Regelungen ab wann eine Kurve eine extra ausgewiesene Geschwindigkeit bekommt?



    Das sind die Fragen dir mir spontan so in den Sinn kommen. Sicher werden mit der Zeit noch einige dazu kommen. Würde mich freuen wenn sich jemand dieser Fragen oder einem Teil davon annehmen würde :)


    Eine Idee wäre vielleicht auch was solche Themen angeht eine Zusammenfassung oder Lexikoneintrag zu machen mit eben grundsätzlichen Bauverfahren/Vorschriften was Abstände usw angeht damit man nicht immer das ganze Forum oder das Internet abklappern muss wenn man einen bestimmten Wert sucht. Das sind dann z.B auch Fragen wie "Wie hoch ist denn der Anforderungstaster für Fußgänger bei Ampelanlagen?"

    Da hier ja auch entsprechende Kompetenzen vorhanden sind wäre das eine ganz coole Sache finde ich


    Grüße

  • Ich fange mal an (soweit ich es weiß, aber bekanntermaßen ist irren menschlich ;) )

    1. Gleismittenabstand

    Ist unterschiedlich bzw. nach den Bedarfen der Betriebe gerichtet. Auf Straßenbahnnetzen nimmt man meistens Gleismittenabstände von 2.6 - 4 Metern, hängt vom Fahrzeugpark und den räumlichen Gegebenheiten ab. Einen immer gleichen Gleismittenabstand gibt es in keinem Betrieb.

    2. Übergangsbögen

    Kann ich nichts zu sagen, ob es da eine explizite Vorgabe gibt. Hängt wohl auch vom entsprechenden Fahrzeug und den örtlichen Gegebenheiten ab. Wird aber auch gerne mal bei der Straßenbahn nicht beachtet mit dem "Effekt", dass die Fahrzeuge trotz geringer Geschwindigkeit recht hart in die Kurve fahren und die Gleise entsprechend verschleissen können. Das macht man aber nur ein oder zweimal, danach fährst automatisch wesentlich langsamer in diesen Gleisbogen ;). Beispiel ist da die Ausfahrt Mannheim Hauptbahnhof Richtung Tattersall (nicht Kunsthalle, also Linie 1, 6 und 9) oder in Ludwigshafen, Berliner Platz Richtung Schützenstraße (Linie 6/6A und 10), kommst ja aus der Gegend.

    Ein gleicher Gleisbogen in Kurven ist zwar wünschenwert, aber findet man auch nicht so häufig. Besonders in engen Kurven wird oftmals mit unterschiedlichen Radien gearbeitet. Da schaukelt es dann doch mal etwas heftiger.


    3. Oberleitung
    Nö, eine richtige Längenbauweise gibt es eigentlich nicht, auch hier gilt die bauliche Gegebenheit. Wie oft kann man beobachten, dass es an manchen Stellen eine massive Mastansammlung gibt, an anderen Stellen hingegen wird möglichst viel mit Querverspannungen gearbeitet. Ist unterschiedlich (genau wie bei Trennstellen).
    Es gibt garantiert Vorgaben, wie eine Oberleitung verlegt sein muss. Aber da habe ich jetzt nichts gefunden (nur Bauweisen der DB).


    4. Geschwindigkeiten
    Lernt man in der Tram-Fahrschule ^^. Es gibt die angezeigten Geschwindigkeiten (Tafeln, Leuchtsignale) und die un-angezeigten. Die unangezeigten kriegst Du in der Fahrschule beigebracht. In MA/LU gelten unterschiedlichste Geschwindigkeiten (bspw. 40 km bei Trasse im Straßenraum, 50 km in MA auf eigener Trasse, in LU jedoch 60 km usw. usw.), auch haben einzelne Abschnitte gesonderte Geschwindigkeiten ohne das dies angezeigt wird.
    Viele Geschwindigkeiten erfährst Du dazu selber durch die eigene Erfahrung (siehe Übergangsbögen).

  • Manchmal hilft es auch sich reale Vorbilder anzuschauen. Bei Google earth z.B. könntest du in einer Stadt deiner Wahl den Gleismittenabstand ermitteln.

  • Hallo,


    das Thema kann ich ganz gut beantworten.

    "Wenn's dran vorbei passt is ok"

    Es gibt für Alles Regelungen. :'D Neben der Fahrzeugbegrenzungslinie gibt es noch den lichten Raum, in dem keine festen Einbauten stehen dürfen. Das wird jeweils links und rechts mit 15 cm oder auch mal 20 cm gerechnet. Das lässt sich auch für Masten anwenden, 20-30 cm ist bspw. ein Stahlmast breit, 2,65 m (/2 und *2 kommt wieder auf 2, 65 m) das Fahrzeug und jeweils noch 15 cm links wie rechts vom Mast, ist man schnell über 3 m. Daher wird häufig bei Mittelmasten der Gleismittenabstand auf 3,4 m (für Berlin bspw.) - 3,5 m oder auch mal 4 m aufgeweitet.

    Ebenso dies betreffend ist mir aufgefallen, dass an Haltestellen oft die Gleise weiter auseinander gelegt werden. U.a verbunden mit einer Annäherung an den Bahnsteig. Gibt es Regelungen zu Mindestgleisabständen im Haltestellenbereich?

    Im Straßenraum hängt das mit der Fahrsteifenbreite für den MIV zusammen. In der Regel werden für Fahrstreifen unter Benutzung von Bussen und LKWs min. 3,25 m veranschlagt, besser 3,5 m oder auch höher. Rechenbeispiel:

    - 1,15 m von Gleismitte bis Bahnsteigkante

    - 2 Fahrstreifen für MIV mit Benutzung von Straßenbahn von je 3,25

    3,25 *2 = 6,5 -> - 1,15 * 2 = 4,2 m Gleismittenabstand.

    Hier im Forum habe ich mal den Satz, dass Übergangsbögen kleiner 10m verboten wären, aufgeschnappt.

    Könnte von mir kommen, verboten stimmt aber nicht. Übergangsbögen < 10 m sind meist unwirksam. Mindestmaß für Gleissegmente ist 6 m, besser der kleinste Drehzapfenabstand. Da kommt man schnell auf 10 m oder mehr.

    Für eine S Kurve braucht es 4 Gleisabschnitte wenn man sich das mit dem Rechner in LOTUS durchrechnet

    Sind es nicht eher 6 Gleissegmente?

    Nach meinem Verständnis bräuchte man also mindestens 40m um die Gleisverwerfung mit Übergangsbogen umzusetzen.

    Je größer, desto besser. Sonst wechselt man aller 10 Jahre die Gleise aus. Verziehungslängen gehen gut und gerne mal auch bis 80-90-100 m hoch.

    Prinzipiell: Für 50 km/h braucht es Radien von ~ 700 m, alles darunter braucht zwingend Übergangsbögen. Bei engen Verhältnissen und reduzierter Geschwindigkeit schaut man, was maximal für die Trassierung schaffbar ist. Das hilft dir natürlich nicht für eine fiktive Stadt, aber das sind dann immer so Einzelentscheidungen.

    Weiter die Frage, ob bei engeren Kurven dann ganz normal mit einem durchgehenden Radius gearbeitet wird?

    Besonders da nicht, außer im Weichenbereich. Auf der freien Strecke sind bei engen Radien auch mal Übergangsbögen von 25 m drin.

    Und im anderen Fall wird ab einem bestimmten Radius bei sehr weiten Kurven auf einen Übergangsbogen verzichtet?

    Ab 700 m wäre es möglich, ab 1000 m Radius ok und bei 1500 m brauchst du erst gar nicht mit einem Übergangsbogen anfangen.

    In welchem Abstand müssen bei einfacher Oberleitung die Masten stehen? Der Oberleitungsspline hat eine Angabe von 12 . Bedeutet dies, dass alle 12m ein Fixpunkt bei einfacher Fahrleitung vorhanden sein muss oder kann dieser auch etwas weiter entfernt sein?

    30 - 35 m bei einfacher Oberleitung in der Geraden ist ausreichend.

    In welchem Abstand wird in der Regel bei Straßenbahnen abgespannt?

    Je nach verwendeten Material und je nach Örtlichkeit häufig bei Knotenpunkten, ansonsten und jetzt müsste ich lügen 1,5 - 2 km. EInfach damit man Abschnitte stromlos stellen kann, ohne den Betrieb komplett lahm zu legen.

    Gibt es Regelungen ab wann eine Kurve eine extra ausgewiesene Geschwindigkeit bekommt?

    Eigentlich immer, wenn Sie nicht richtig einsehbar ist, eine Gefahrenstelle möglich ist oder der Gleiszustand eine Beschränkung notwendig macht.


    Greets

  • Hallo,


    danke für die Rückmeldungen. Da ist doch nun etwas Licht ins Dunkel gekommen und die erste Träne bei den Gedanken welche Bereiche ich da nochmals angehe.


    Zu diesem Punkt

    Für eine S Kurve braucht es 4 Gleisabschnitte wenn man sich das mit dem Rechner in LOTUS durchrechnet

    Sind es nicht eher 6 Gleissegmente?


    Also auf die reine Kurve bezogen 4. Mit der Geraden vorne und hinten dran wären es 6, aber die interessieren mich da ja nicht wirklich.

    Mal noch ein Bild wie ich das verstehe. Diese Verwerfung wurde mit dem Gleisgeometrierechner ausgerechnet und entsprechend mit Übergangsbögen gelöst. Nach meinem Verständnis gilt also pro Segment das oben genannte Mindestmaß von 6m (vormals gedachte 10m)



    Sorry wenn ich bei dem Thema nicht 100% mitkomme :D


    Grüße

  • zwischen Bogen und Gerade braucht es ebenfalls einen Übergangsbogen. Deshalb 6

    Gerade -> Ü-Bogen links -> Bogen links-> Ü-Bogen links -> Ü-Bogen rechts -> Bogen rechts - Ü-Bogen rechts -> Gerade

  • Also auf die reine Kurve bezogen 4.

    Zur Krümelkackerei aber auch besserem Verständnis: Eine Kurve besteht aus der Kombination Übergangsbogen - Bogen - Übergangsbogen. Es sei denn, die Übergangsbögen können entfallen. Somit komme ich dann auf 6 Segmente. Gleichgerichtete Übergangsbögen legt man eigentlich nie hintereinander. Ich hätte starke Bedenken bzgl. der Baubarkeit.


    Man muss der Bahn schon den Platz einräumen, den Sie braucht. Es gibt bspw. "die rote DDR-Bibel", nach der solche Konstruktionen entstanden sind:

    Das ist fahrdynamisch eine Katastrophe, für Zu- und Ausfahrten aus Haltestellen jedoch erlaubt gewesen. Würde mir heute jeder Verkehrsbetrieb um die Ohren hauen.


    Bei 40 m Verziehungslänge und einem ds von bestimmt 5 m müssen kleinere Radien gewählt werden. Für eine geringere Verwindung im Fahrzeug in der Kurvenfahrt, wäre eine Zwischengerade hier auch angebracht.


    Greets

  • Zitat

    Gibt es Regelungen ab wann eine Kurve eine extra ausgewiesene Geschwindigkeit bekommt?

    Wenn sie entgleist, war es zu schnell...

    Na, Betriebe kennen ihre Bahnen und die Strecken, in der Regel werden wenn nicht max. Gesch. gefahren werden kann dies Signaliesiert.
    Früher, wo bahen noch keinen Tacho hatten, hatte man die Geschwindigkeit im Hintern... wenn man vom Stuhl rutscht, ist es evtl. zu schnell.


    In Lotus gibt es von Pandemist den B-Arbeitswagen, dieser hat im Fahrerstand auf der linken Seite eine Messeinrichtung die G-Kräfte in Kurven messen kann.
    Danach kann man sich gut richten, um eine geeignete Geschwindigkeit zu finden.

    Unsere Züge fahren immer!

    Deine Feuerwehr.

    Master of Traffic signs

  • Zum Thema Geschwindigkeitsbeschränkungen in Kurven möchte ich gerne aus Dresdner Perspektive eine Gegenmeinung zu Florians und Yufas Aussagen darstellen. Hier werden Kurven in der Regel nicht mit Geschwindigkeitsbeschränkungen versehen, auch wenn sie nicht mit 50 befahren werden sollten. Man verweist eher wie beim Auto auf das Sichtfahrgebot. Wenn Bäume oder Hecken am Gleis die Sicht auf die Strecke einschränken, obliegt es dem Fahrpersonal, die Kurve so zu befahren, dass vor einem Hindernis angehalten werden könnte. Genauso ist das Fahrpersonal selbst dafür zuständig, in der Fahrweise die nötige Rücksicht auf Fahrgastkomfort und -sicherheit an den Tag zu legen. Das muss, anders als bei der Eisenbahn die nicht auf Sicht fährt, nicht extra beschildert werden.


    Langsamfahrstellen gibt es in Dresden fast ausschließlich wegen Schäden im oder am Gleis oder dem näheren Gleisumfeld, oder an einigen besonderen Unfallschwerpunkten, um etwaige Schäden zumindest zu reduzieren. Ausnahmen bestätigen die Regel, es gibt auch hier einzelne Stellen, an denen vor allem das Sichtfahrgebot durch entsprechende Signalisierung durchgesetzt wird (der Fahrgast und sein Wohlbefinden sind nicht sicherheitsrelevant und daher vernachlässigbar ;p). Der Großteil aller Kurven ist jedoch unbeschildert und dürfte damit theoretisch mit 50 befahren werden.

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