Baugruppe: Fahrsteuerung

Diese Baugruppe ist die für den Fahrer wohl Wichtigste, schließlich ist sie ein elementarer Teil seines Arbeitsplatzes. In diesem Themenbereich ist eine chronologische Reihnfolge sinnvoll, also blicken wir zuerst auf die Anfänge der Elektrischen zurück.


Schon zur Anfangszeit der elektrischen Straßenbahn musste man eine geeignete Steuerung finden. Denn im Gegensatz zu Kleingeräten wie z.b. einer Küchenmaschiene ist bei Straßenbahnfahrzeugen kein einfaches Ein und Ausschalten des Stroms möglich. Dies würde die Bahn mit voller Motorleistung nach vorne schießen lassen, was einerseits den Fahrgästen und dem Fahrpersonal schadet andererseits eine extreme Belastung der Elektromotoren darstellt.


Da die meisten Straßenbahnen mit Gleichstrom fahren ist eine Fahrstromregulierung duch einen Transformator, wie man es von der Modellbahn kennt nicht möglich. Andererseits ist ein solches System mit stationärem Trafo sehr beschränkt und ein Einbau von Trafos in Fahrzeuge aufgrund deren Gewichts zur damaligen Zeit nicht möglich.


Also musste man eine Stufenschaltung mit Wiederständen als Strombegrenzer entwickeln. Diese wandeln einen Teil des elektrischen Stromes in Abwärme um. Weiteres über "Strombegrenzer"bald im entsprechenden Artikel.

Da bis auf wenige Ausnahmen alle Straßenbahnfahrzeuge mindestens 2 Fahrmotoren haben können diese in Serie oder Parallel geschaltet werden.


Durch die Kombination von Serien/Parallelschaltung und Vorwiederständen konnte eine praktikable Abstufung erreicht werden, die sich im Betrieb bewährte.


Über die Jahre hinweg wurde allerdings absehbar, dass die Geschwindigkeit der Bahnen nicht ausreichend war und eine geänderte Getriebeübersetzung stärkere Motoren mit höherem Stromverbrauch nötig machten. Um dies zu verhindern und trotzdem höhere Geschwindigkeiten zu erreichen wurden Schaltstufen mit Magnetfeldschwächung eingebaut.

Diese Sogenannten "Shunt Stufen" befindes sich jeweils hinter den Dauerfahrstufen, in denen keine Wiederstände zugeschaltet sind.

Durch die Magnetfeldschwächung drehen die Motoren höher, wobei sie aber nicht mehr Kraft haben.


So viel zur elektrischen Schaltung im Hintergrund. Um die verschiedenen Stellungen zu schalten wurden je nach Fahrzeugtyp ein oder zwei Fahrschalter verbaut. Sie beinhalten eine Richtungswalze, die mit dem Fahrtrichtungswender zu betätigen ist. Ist die Richtungswalze auf aus, kann die Schaltwalze der Fahrkurbel nicht gedreht werden. Wenn die Richtungswalze in einer Fahrstellung steht kann der Richtungswender nicht abgezogen werden. Üblicherweise gibt es nur einen Fahrtrichtungswender pro Fahrzeug um bei Zweirichtungswagen das Betätigen beider Fahrschalter zu verhindern. Die Schaltwalzen der ersten Fahrschalter waren mit Schleifringen ausgestattet. Durch drehen der Fahrkurbel werden die Kontaktflächen gedreht und somit die Schaltung geschlossen. Diese sogenannten Schleifringfahrschalter gingen allerdings recht schwergängig und mussten schnell geschaltet werden, da sich sonst ein Lichtbogen im Fahrschalter bildet.


Um die Bedienung und Wartung der Fahrzeuge zu erleichtern entwickelte man also den Nockenfahrschalter. Er unterscheidet sich vom Schleifringfahrschalter durch die Schaltwalze der Fahrkurbel. Diese hat Erhebungen, die sogenannten Nocken, welche beim Drehen Kontaketschalter betätigen. Dadurch sind diese Fahrschalter leichtgängiger und weniger lichtbogenanfällig.

Als zusätzlicher Schutz sind Lichtbogenlöschkammern verbaut, in denen ein Elektromagnet den Lichtbogen in die Länge zieht und auseinanderreißt. Mit Voranschreiten der Zeit wurden Fahrschalter mit mehr Stufen gebaut um die höhere Leistung der Motoren unter Kontrolle zu haben, dies führte bis zu den sogenannten Feinstufenfahrschalter welche teils über 100 Fahr und Bremsstufen haben. Außerdem waren bald Unterflurfahrschalter verfügbar, die sich vor allem bei Zweirichtungsfahrzeugen bewährten, da man sie von beiden Plattformen über Gestänge Schalten kann.


Um die immer größer werdenden Ströme durch stärkere Motoren vom Fahrpersonal fern zu halten und in Mehrfachtraktion zu fahren, was bisher nur wenige konventionelle Fahrschalter ermöglichten verbaute man ab den 50ern indirekte Steuerungen, diese wurden zwar schon in den 20er Jahren verbaut, hatten damals aber noch keine Serienreife. Die Bedienung dieser Steuerung ist gleich mit den konventionellen Fahrschaltern, jedoch wird durch die Fahrkurbel nur eine Kleinspannung geschaltet. Je nach System werden dadurch entweder Schütze oder Pneumatikventile angesteuert, die den Fahrstrom schalten. Dadurch ist die Reaktionszeit des Fahrzeuges allerdings erheblich langsamer.


Um den Betrieb weiter zu vereinfachen wurde mit der Zeit die Steuerung der Fahrzeuge über einen Sollwertgeber entwickelt. Anfang wurde über ihn ein elektrisch betriebenes Schaltwerk gesteuert. Mit Aufkommen von Halbleitertechnik und Computerprozessoren wurden dann auch die elektrischen Schaltwerke sowie klassische Strombegrenzer durch Thyristoren oder Gleichstromsteller ersetzt, die ohne mechanische Bauteile auskommen und den Strom verringern.